Stellungnahme des AStA zu den geplanten Präsenzprüfungen

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) kritisiert die Pläne der Johannes Gutenberg-Universität im Wintersemester 2020/21 Prüfungen in Präsenz am Standort Mainz durchzuführen. Auch nach fast einem Jahr Pandemie sehen wir hier weiterhin die Universität in der Pflicht, gesundheitliche, psychische und familiäre Umstände der Studierenden zu beachten. Daher spricht sich der AStA dafür aus flächendeckend Take-Home-Klausuren und Onlineprüfungen anzubieten.

 

  1. Studierende der JGU kommen nicht nur aus Mainz

Viele Studierende sind während der Pandemie wieder in andere Regionen gezogen bzw. befinden sich aktuell nicht in Mainz. Diese Personen jetzt nach Mainz zu holen und Prüfungen ablegen zu lassen ist in Anbetracht der aktuellen Lage unverhältnismäßig. Zudem ist es angesichts der neuen noch ansteckenderen Virusvarianten noch risikoreicher als zuvor.

 

  1. Risikogruppen schützen

Es gilt nun in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Kontakte einzuschränken und damit vor allem Angehörige von Risikogruppen zu schützen. Auch unter Studierenden gibt es Risikopatient*innen, die zu Lasten ihres Studiums auf die Teilnahme an Prüfungen verzichten oder eine Infektion in Kauf nehmen müssten. Bisher sind von der Universität keinerlei Lösungsstrategien entworfen worden wie mit den Bedürfnissen chronisch kranken Studierenden in dieser besonderen Situation umgegangen werden soll: die Betroffenen fühlen sich im Stich gelassen und abgehängt. Sie haben keinerlei Sicherheiten und noch immer wird so getan als gäbe es sie gar nicht, wenn Fachbereiche Klausuren lediglich in Präsenz anbieten.

 

 

  1. Hygienekonzepte reduzieren Infektionen, stoppen diese aber nicht

Auch mit geeigneten Hygienekonzepten bleiben Ansteckungen möglich. Genügend Abstand und Maskenpflicht in Klausurräumen reduzieren die Gefahr von Ansteckungen, heben das Risiko aber nicht auf. Zudem müssten viele Studierende mit dem ÖPNV anreisen und sich ggf. um eine Unterkunft kümmern. Hier wird die Ansteckungsgefahr noch einmal deutlich erhöht.

 

  1. Familiäre Situationen Studierender

Wir haben an der Universität viele Studierende mit Kindern oder unterstützungsbedürftigen Angehörigen. Für all diese ist eine Anreise nicht möglich oder zu weit oder zu kompliziert um für Prüfungen an die Universität zu kommen. Zudem haben die Schulen aktuell geschlossen und die Kindertagesstätten befinden sich nur im eingeschränkten Betrieb, sodass dies die Situation noch prekärer macht.

 

  1. Freiwilliger Verzicht ist keine Lösung

Der vernunftgebotene freiwillige Verzicht auf die Teilnahme an Präsenzprüfungen ist keine Option, denn es droht die Überschreitung der Regelstudienzeit mit den entsprechenden Konsequenzen. Es droht die Überschreitung der Regelstudienzeit mit Konsequenzen für das BAföG und Stipendien, die studentische Krankenversicherung und möglicherweise künftige Prüfungsfristen, sowie ein verspäteter Start ins Berufsleben. Des Weiteren werden Studierende auf diese Weise erneut in eine Wettbewerbssituation gedrängt, in der sie während einer Pandemie beweisen müssen, dass sie weiterhin ein volles Studienprogramm bewältigen können. Dies ist für manche Studierende wegen der oben genannten Gründe aber unmöglich und verschafft diesen auch in Zukunft einen Nachteil gegenüber ihren Kommiliton*innen. Besonders betroffen sind hier wieder marginalisierte Studierende: u.a. Studierende aus Arbeiter*innenhaushalten, Studierende mit Kind, chronisch kranke Studierende, Studierende mit psychischen Erkrankungen. Doch obwohl die Präsenzklausuren bestimmte Gruppen von Studierenden besonders trifft, möchten wir nochmals betonen, dass dies eine schwierige Zeit für ALLE Studierenden ist. Corona ist eine erstzunehmende Erkrankung und eine wissenschaftliche Einrichtung sollte die Ängste aller Studierender sich anstecken zu können ernst nehmen und keinen laxen Umgang mit dem Virus und der Pandemie fördern. Wir haben Angst uns anzustecken und wir haben Angst abgehängt zu werden:

 

Wir appellieren hier ganz deutlich an die Hochschulleitung auf Präsenzklausuren zu verzichten und an alle Dozierenden ihre Prüfungen als Take-Home-Prüfung um konzipieren. Konzepte und Planungen hierzu hätte es bereits in den letzten Monaten zu Genüge geben können. Wir unterstützen die von studentischer Seite in Leben gerufene Petition [1] die bereits jetzt mehr als 1500 Unterschriften sammeln konnte.

 

[1] https://www.openpetition.de/petition/online/take-home-klausuren-zum-schutz-aller

 

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