Studieren: Das bedeutet für viele nicht nur lernen und volle Hörsäle, sondern auch Campusleben, Kulturveranstaltungen, vielleicht der Umzug in eine komplett neue Stadt, eigene Erfahrungen und vor allem neue soziale Kontakte. All das wurde den meisten Studierenden in Rheinland-Pfalz aufgrund der Corona-Pandemie seit 2020 verwehrt. Denn die Bekämpfung des hochgefährlichen Virus verlangte von der gesamten Gesellschaft Opfer zu bringen, weshalb die Studierenden auch ohne größere Proteste zur digitalen Lehre wechselten, welche die vergangenen Jahre in unserem Bildungssystem dominierte. Dies blieb nicht folgenlos, denn gerade Studierende, welche während der Pandemie ihr Studium begonnen haben, kämpfen damit Anschluss an wissenschaftliche Bildung zu knüpfen. Die digitale Lehre sorgte nämlich nicht nur dafür, dass Kontakte reduziert wurden, sondern schuf auch hohen Hürden in der Lehre, unter welchen besonders sozial benachteiligte Studierende zu leiden hatten.
Als wäre all das nicht genug, so hat der paritätische Wohlfahrtsverband 2020 festgestellt, dass inzwischen 30% der Studierenden in Armut leben, wobei die steigenden Lebenserhaltungskosten und die Inflation der vergangenen zwei Jahre noch gar nicht berücksichtigt wurden. Umso wichtiger ist deshalb die Wiedereinführung der Präsenzlehre an rheinland-pfälzischen Hochschulen zu bewerten, was dem Rückgang des Corona-Virus und der Impfkampagne zu verdanken ist. Denn Präsenzlehre bedeutet nicht nur mehr soziale Kontakte und bessere mentale Gesundheit, sondern sie sorgt auch dafür, dass die Kosten des universitäreren Betriebs nicht auf Einzelpersonen ausgelagert werden. Gerade aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Beheizung von einigen wenigen Hörsälen der Beheizung von tausenden Studierendenwohnung vorzuziehen. Genauso ist es deutlich sozialer für die breite Masse der Studierenden Essen in Mensen anzubieten, anstatt von jedem*r einzelnen zu erwarten, sich nach den Preisexplosionen der vergangenen Jahre jeden Tag selbst Essen zu kochen.
In Anbetracht der genannten Punkte ist die Entscheidung der Hochschule Koblenz umso weniger nachzuvollziehen, den Betrieb im Wintersemester 2022/23 wieder digital stattfinden zu lassen. Denn sowohl aus sozialen, gesundheitlichen, volkswirtschaftlichen als auch wissenschaftlichen Gründen ist die Präsenzlehre nach jetzigem Stand der digitalen Lehre vorzuziehen. Auch die aktuelle Infektionslage liefert bisher keine Erklärung für diese Fehlentscheidung, denn auch andere rheinland-pfälzische Hochschulen führen im Wintersemester 2022/23 den Präsenzbetrieb fort, auch wenn es zu kleinerer Einschränkung wie beispielsweise kürzen Öffnungszeiten der Bibliotheken gekommen ist. Es ist deshalb absolut nicht verwunderlich, dass die Studierenden der Hochschule Koblenz gegen diese Maßnahme protestiert haben.
Das von der Koblenzer Hochschulleitung vorgebrachte Argument, dass die Vorgaben des Landes 15% an Energiekosten zu sparen, zu dieser alternativlosen Entscheidung geführt hätten, ist ebenfalls unhaltbar. Denn die anderen Hochschulen in Rheinland-Pfalz haben bewiesen, dass es Alternativen zur digitalen Lehre gibt. Die nun gestiegenen Gaspreise dürfen nicht als Ausrede herangezogen werden, um Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie fortzuführen und sie dürfen noch weniger an Studierende ausgelagert werden, welche in den vergangenen Jahren bereits genug geopfert haben und mit am stärksten von Armut betroffen sind. Auch an anderen Hochschulstandorten, wie beispielsweise in Darmstadt, wird erwägt aus diesem Grund die Präsenzlehre herunterzufahren, wogegen in den vergangenen Wochen Angestellte und Studierende protestiert haben. Deshalb solidarisiert sich der AStA der Johannes Gutenberg-Universität Mainz an dieser Stelle ausdrücklich mit der Koblenzer und Darmstädter Studierendenschaft, welche gegen die Abschaffung der Präsenzlehre protestieren. Wir fordern ferner die Koblenzer Hochschulleitung dazu auf, zur Präsenzlehre zurückzukehren, solange es die Infektionslage zulässt, und auf die Forderungen ihrer Studierendenschaft einzugehen!
AStA der Uni Mainz